By Holger Melms
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Mein Standard-Browser, mit dem ich auch meine Seiten teste.
Ohne hier nachzuschlagen ist wie Essen ohne Messer und Gabel (und ohne Löffel)
Nordkapp von Osten gesehen, dahinter Knivskjellodden, der nördlichste Punkt
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“The End”

 

Gemeint sind

  • das Ende des Törns
  • das potentielle Ende von PHINE und ihrem Skipper
  • das Ende von PHINEs 12 Pferden

 

 

 

15. Sept. 2006   19:31   Westlich Vardeholmen 

 

Der letzte freie Blick über den Landegofjorden auf die südlich von Vaeröy untergehende Sonne. Rechts am Horizont, ebenfalls jenseits des Vestfjords, (hinter den scharzen Schären) Moskenes mit Lofotodden.

Bis Bodö sind es noch 14 sm, bis zum Winterhafen 25 sm. Das Ende des Törns ist also greifbar nahe. Aber es wird ausnahmsweise eine Nachtfahrt werden, die um ein Haar ein weiteres Ende bedeutet hätte.

 

 

So´n Fahrtenprotokoll ist ne feine Sache. So kann ich zumindest einige Fakten eindeutig rekonstruieren. Jeder schwarze Punkt zeigt PHINEs Position im Abstand von ein bis drei Sekunden. Protokolliert wird im Abstand von einer(!) Sekunde:

LfdNr 2639   22:33:20  3,0 kn   165° ü.G.   N6717.181   E1421.706

LfdNr 2644   22:33:25  3,0 kn   231° ü.G.   N6717.178   E1421.705

An der grünen Stelle, oder ein kleines Stück zurück (wegen der berühmten Schrecksekunde) sehe ich an Steuerbord ein rotes Licht.

Alles zusammen fünf Sekunden: von 165° auf 231° inklusive Schrecksekunde und Entscheidung.

An dieser Stelle gebührt Johannes und seiner Pauker-Mentalität* ein außerordentliches Lob. “Rot an Rot ist gut” oder so ähnlich hat er seinen oft akademisch widerspenstigen Lehrlingen tausendmal gepredigt - und vieles andere mehr.

Ich kann jedenfalls von Glück reden, dass ich im Anblick des etwa 30 m entfernten rotes Lichts, dass mit etwa 10 Knoten auf unseren Kursschnittpunkt zufuhr, nicht etwa dachte “Huch, was soll das” (ist mir auch schon passiert), sondern nur “Rot an Rot” und das Steuer rumriss.

*Ich bin sowieso der Ansicht, dass man einiges(!) einpauken sollte, es erleichter das Leben, manchmal rettet es es.

 

Zur Ursache: möglicherweise habe ich das einfache rote Licht vor der hellen Stadtkulisse von Bodö einfach übersehen. Mag sein, aber kurz vorher habe ich noch den Kurs eines aus dem Hafen auslaufenden Personen-Katamarans in die Richtung verfolgt, aus der das rote Licht ein paar Minuten später kam.

Oder das etwa 20 m lange hölzerne Fischerboot (was nicht heisst, das es einem Fischer gehörte, eine Lizenznummer war nicht zu sehen), kam ebenfalls aus dem Hafen, fuhr einen Bogen, hatte nicht nur kein weißes sondern auch kein grünes Licht. Das Hecklicht fehlte jedenfalls auch.

Auf jeden Fall gab der Skipper weder per Licht- noch per Tonsignal die berühmten 5 Signale “Ich mache auf ihre Ausweichpflicht aufmerksam”, noch änderte er seinen Kurs in vorletzter Sekunde. Er hat mich (alle Lichter inkl. Motorlicht an) einfach nicht gesehen, weil ... Freitag Abend??

Egal wie. Man hat´s überlebt und es fällt einem nichts besseres ein, als sich schnell abzuregen und zur Tagesordnung überzugehen, die da hieß: in Bodö anzulegen.

 

 

 

16. Sept. 2006   09:12   Nördlich Kvannöy

 

Blick über zwei Schären in “meinen” Nordfjord. Der hohe Berg im Hintergrund ist der Memaurtinden, den ich seit drei Tagen - seit Steigen - sehen kann.

Ich lege noch einen Stopp in Skånland ein ...

 

16. Sept. 2006   11:58   Im Nordfjord

 

 ... und erreiche meinen Winterhafen backbord voraus ohne jede akute Panne am Mittag.

 

 

 

 

 

 

 


Das Ende von PHINEs 12 PS Motor ...

 

... hatte sich durch weißen Auspuffqualm und langes Drehen des Anlassers des seit Jahren unter allen Bedingungen stets sofort anspringenden Motors angekündigt.

Aber ohne einen falschen Fehler meinerseits hätte ich daraus nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen. Jedenfalls kam ich mit dem nur noch schlecht anspringenden Motor bis in meinen Winterhafen.

Am Tag nach meiner Ankunft dort musste ich PHINE noch verholen. Zuvor stellte ich fest, dass der Ölstand schon ziemlich niedrig war und füllte einen halben Liter, vielleicht etwas mehr, nach. Dann startete ich, der Motor springt auch nach einer halben Minute an, läuft dann aber mit Vollgas ohne sich abstellen zu lassen. Der geschlossene Dieselhahn bringt ihn endlich zur Ruhe.

Ich ziehe daraus - glücklicherweise - den theoretisch falschen Schluss: jetzt ist der Motor hin. (Der Vollgaslauf soll durch den zu hohen Ölstand ausgelöst worden sein.) Theoretisch richtig war: der Motor läuft noch, ist aber schwer angeschlagen.  (Mit diesem Zustand bin ich mindestens noch 4 Tage motort - ab Harstad.)

Der lange Start und der (weiße) Wasserdampf in den Auspuffgasen hätten mir eindeutig sagen können: da gelangt Kühlwasser in den Verbrennungsraum.

Die Frage hätte nur noch sein dürfen: an welcher Stelle geschieht das und welche Teile des Motors müssen ersetzt werden.

Das konnte mir hier natürlich niemand sagen. Rat und Hilfe gibt es wie stets nur in Stockholm bei Björn Sjöberg. Das führte zur ersten Fahrt - mit Bus und Bahn - nach Stockholm, mit einem Abstecher nach Visby.

Zur Sache selbst: der Zylinderkopf muss runter. Anhand von Fotos “meines” Motors (YANMAR YSM 12) in einem Segelboot meines Typs (Albin 85 Cumulus) erklärt mir ein ungemein geduldiger Mitarbeiter von Sjöbergs Marin & Motor wie das geht.
 

 

 

Geschafft! Der Zylinderkopf ist runter und ein Männchen auf dem Kolben des 26 Jahre alten Einzylindermotors wird dichtbar. Wo aber liegt die Fehlerstelle?

 

 

 

Die “kalte” Außenseite des ca. 10 cm dicken Zylinderkopfs Hier kann der gesuchte Fehler nicht liegen.

Wohl verbirgt sich aber in der Diesel-Einspritzeinheit links - gelblich unterlegt - ein weiterer, nicht gesuchter Fehler.

 

 

Die einige hundert Grad “heiße” Innenseite des Zylinderkopfs. Laut Sjöbergs freundlichem Mitarbeiter ist zuallererst ein Riss an der rot markierten Stelle zu erwarten. Da ist aber keiner. (Zwischen den beiden Ventiltellern verläuft von links nach rechts eine Bohrung, durch die Kühlwasser fließt.)

Durch 7 der 13 sichtbaren Bohrungen fließt Kühlwasser. Die Dichtung könnte die Schwachstelle sein. Mit einer neuen Dichtung wäre das Problem behoben.

Einmal ausgebaut ist es sinnvoll, nach so langer Betriebszeit die Ventile neu einzuschleifen. Dazu ist die Autowerkstatt von Ertenvaag, 300 m vom Hafen entfernt, gern bereit. Mit einem Spezialwerkzeug werden dazu in meiner Gegenwart die Ventile ausgebaut. Und was kommt zum Vorschein? Ein kleiner aber deutlicher Riss!

Einhellige Meinung der drei Mechaniker der Autowerkstatt: der Zylinderkopf muss ersetzt werden.

Das ist dann der Startschuss für eine zweite Fahrt nach Stockholm. Dort findet sich dann noch an dem blau unterlegten Teil der Diesel-Einspritzeinheit ein weiterer Riss. (Dieser kann aber nur zu einem unrunden Lauf des Motors führen.) Die Einspritzdüse ist ebenfalls hin. Ein weiterer Riss findet sich in der Welle der Seewasserpumpe. Deren Innereien werden komplett durch neue Teile ersetzt.

Aber das ist ein neues Kapitel.

 

In diesem Kapitel fehlt nur noch das zweite Happy End: am 27. Oktober schnurrt der Motor wieder. Keine einzige Schraube ist übrig geblieben.

 

 

 

 

 

 

 

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Zuletzt bearbeitet / korrigiert / erweitert / Verweise (links) getestet am: 1. November 2006