By Holger Melms
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Ohne hier nachzuschlagen ist wie Essen ohne Messer und Gabel (und ohne Löffel)
Nordkapp von Osten gesehen, dahinter Knivskjellodden, der nördlichste Punkt
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Hjelmsöy

 

Diese große Insel im Norden von Havöysund - und westlich des Nordkapps - wird schon seit vielen Jahren nicht mehr bewohnt. Bei ruhigem Wetter wollte ich dort einmal hin.

Am Samstagabend traf ich bei Claudine  Anne-Grethe und Gerhard, dessen Vorfahren auf Hjelmsöy gelebt hatten. Er lud mich dorthin ein. Dazu herrschte ruhiges Sonnenwetter. Besser hätte es nicht passen können.

Die rote Linie ist die Strecke von Havöysund nach Spelneset im Akkarfjord, 11 sm.

 

 

30. Juli 2006   10:40   Blick nach Süd zum Festland

 

Also mache ich mich am Vormittag auf den Weg. Seit sieben Wochen der erste einigermaßen warme Sonnentag. Und ruhiges Wasser im Hjelmsöysund (Breisund). Blick nach Süden zum Festland. Position: der erste Knick der roten Linie in der Skizze oben.
 

 

30. Juli 2006   11:39   Geitingsodden

 

Ab hier - Stor Geitingsodden - hat man es auch bei ablandigem Wind mit der Brandung der offenen Barentssee zu tun, was man auch bei ruhigem Wetter zu spüren bekommt. Im Hintergrund, im Westen, die Insel Rolvsöy.
 

 

30. Juli 2006   11:45   West-

 

Man segelt nicht nur durch die Brandung, sondern auch entlang einer Mondlandschaft: kein Baum, kein Strauch. Ganz im Hintergrund ein Nippel. Dieser weithin sichtbare Fels wird Hjelmsöystauren genannt. Er markiert die Einfahrt in den breiten Akkarfjord. Akkar=
 

 

30. Juli 2006   17:37   Spellet auf  Hjelmsöy

 

Erst im hinteren Teil das Akkarfjords, der tief und breit in die Insel einschneidet, hat man wieder ruhiges Wasser. Auf einem sanften Hügel liegen einige wenige kleine Hütten. Hier in Spellet wohnten bis zur Zwangsevakuierung Gerhards Vorfahren.

Die Hütten wurden nach 1945 z.T. auf den alten Fundamenten errichtet, aber nie mehr permanent bewohnt.
 

 

30. Juli 2006   16:52   einzige Ankerboje bei Spellet

 

Ein sicherer Liegeplatz an der Stelle, die in der Seekarte als Ankerplatz markiert ist. Vor starkem Schwell ist man aber nicht geschützt.

 

 

30. Juli 2006   14:59   Der Tisch ist gedeckt

 

Es mag komisch klingen, aber diese bescheidenen Hütten sind für mich der Inbegriff des Landlebens. Was die Norweger sonst als “hytta” bezeichnen, ist fast immer schon von der Größe einer Vorstadtvilla. Zudem ist dieser Platz durch seine offene, sonnige Lage begünstigt.

Was einem aber die Idylle vermiesen kann: kein Hauch einer Telefonverbindung und bei Starkwind eine Falle, aus der man wohl nur mit einem sehr soliden Boot den nächsten bewohnten Ort erreichen kann. (Das 1960?? verlegte Stromkabel ist auch schon lange verschrottet.)

 

 

30. Juli 2006   14:59   Das Essen ist fertig

 

Zum Essen gibt es Mölja, ein spezielles Gericht aus frisch gefangenem, gekochtem Seelachs und seiner Leber.

Über der “Skiabfahrt” stand der Mond bei der unten erzählten Geschichte. Da wird er wohl auch noch heute zu sehen sein.

 

Hamna und/oder Sandvik?

 

Wenn ich das System der norwegische Ortnamen richtig verstanden habe, hatte jedes Gehöft (meist eine Häusergruppe) einen eigenen Namen, der in der Karte erscheint und von Mitteleuropäern so verstanden werden kann, dass es sich um Dorfnamen mit Dutzenden von Gehöften handelt. Hier oben können demzufolge “Ort”-Namen im Abstand von 50 oder 100 Metern auftauchen.

Sandvik liegt am breiten Akkarfjord* gegenüber Spellet, Hamna dicht daneben in einem kurzen Nebenfjord.

*Akkar ist eine Tintenfischart

30. Juli 2006   12:45   Hamna auf Hjelmsöy

 

Was hier am Ufer zu sehen ist, heißt in der Seekarte Hamna und ist die absolute Geisterstadt, die bei Sonnenschein allerdings noch recht erträglich wirkt.
 

 

30. Juli 2006   17:52   Hjelmsöy, Seitenfjord bei Hamna

 

Verschwindet die Sonne aber hinter den steil ansteigenden Bergen, wirkt der Seitenfjord bedrohlich. Laut Lotsenhandbuch ist er starken Fallwinden bei allen Windrichtungen ausgesetzt.
 

 

30. Juli 2006   17:52   Geisterort Hamna Hjelmsöy

 

Ich hatte mir gedacht, evtl. an dem alten Kai noch eine Stelle zum Anlegen zu finden. Im Notfalle wäre es wohl noch möglich. Ob man allerdings noch an Land kommt, ohne durch die morsche Decke zu brechen, erschien mir dann doch recht fraglich.
 

 

30. Juli 2006   18:38   Hjelmsöystraumen

 

Auch die zweite Möglichkeit, die Insel weiter zu erkunden, verwarf ich, als ich den Hjelmsöystauren erreicht hatte. Der Nordostwind hatte zugenommen. Es hätte also leicht in eine Quälerei ausarten können, die Insel im Norden und Osten zu umrunden.
 

 

30. Juli 2006   20:19   Sonne bei Garpeskjaer

 

In der Windabdeckung erreichte ich Havöysund auf dersselben Strecke wie auf der Hinfahrt. Das Ende eines wundersschönen Sommertages in der Finnmark. Links Havöygavlen mit den Windgeneratoren, rechts das Leuchtfeuer Garpeskjaer.

 


 

Von Bernd Jacobsen, dem freundlichen Leiter des Museums in Havöysund erhielt ich folgende Texte:

 

 

 

Sandvikvaer auf Hjelmsöy

    Der Platz wurde seit altersher sowohl Akkarfjord als auch Sandviken  genannt. Erst die Post gab ihm aus organisatorischen Gründen den Namen Sandvikvaer. 1920 gab es hier fünf Fischverarbeitungsbetriebe. Außerdem lagen mehrere Schiffe im Hafen, die Fisch aufkauften. Zur Zeit der Fischfangsaison im Frühling konnten bis zu 400 Fischerboote im Hafen liegen.

    In den Jahren von 1930 bis 1940 gab es zwei Fischbetriebe am Platz, die* 1960 unter einen gemeinsamen Besitzer kamen. Bedingt durch den Preisverfall auf den Märkten in diesen Jahren kam der Betreiber in wirtschaftliche Schwierigkeiten und ging in Konkurs. Der Staat hatte zu dieser Zeit finanzielle Anreize für die Umsiedlung von den Inseln zum Festland geschaffen. Der Umzug der Bewohner von Sandvikvaer erfolgte unmittelbar danach.

    1965 wohnten in Spellet, Svartvik und Sandvik 125 Personen. Zu Beginn der 70er Jahre gab es nur noch einen Einwohner in Sandvikvaer.

*?


Der Text zu Keila verwundert mich besonders: der “Ort” ist eine nach Norden vollkommen offene Bucht - in dem Satellitenbild genau unter dem Ausrufezeichen. Wer hier nur mit einem Ruderboot - also  mehrere hundert Jahre bis etwa 1900 - ausgerüstet war, musste die Fischgründe direkt vor der Tür haben. Und er musste ein fatalistisches Gemüt haben: bei Sturm und Starkwind gab es womöglich wochenlang keine Chance, den Ort in einem Ruderboot zu verlassen bzw. zu erreichen.

 

Keila auf Hjelmsöy

    In Keila auf der Nordseite und in Knarvik auf der Südseite finden wir die ersten Bewohner auf Hjelmsöy. Die ersten Bewohner und Saisonfischer kamen wahrscheinlich im 14. Jahrhundert hierher. 1522 wohnten 85 Personen in Keila und 10 in Knarvik. 1606 war die Zahl der Bewohner auf 105 angewachsen. Danach folgte ein starker Rückgang und die Zahl sank bis auf 28 im Jahr 1631. Zwischen 1701 und 1789 wohnten zwischen fünf und elf Familien in Keila.

    Der Vogelfelsen auf Hjelmsöy war stets von großer Bedeutung für die lokale Bevölkerung. Ursprünglich hatten alle im Verwaltungsbezirk, oder möglicherweise nur die lokale Bevölkerung, gleiche Rechte zu dessen Nutzung. Aber Streitereien waren nicht ungewöhnlich, speziell zwischen den Ortsansässigen und den Saisonfischern aus den südlicheren Teilen des Landes.

    Gundbucheintragungen gab es in Finnmark erst im 19. Jahrhundert. Allerdings finden wir eindeutige Hinweise auf eine Art Grundbuch für Hjelmsöy, speziell für Keila. 1788 erhielt Rasmus Hansen das Nutzungsrecht für die Nordseite der Insel und hatte folglich das Betriebsrecht in Keila. Emanuell Gropp übernahm das Eigentum im 19. Jahrhundert. Er verkaufte es weiter an Hans Pauli Herder.

    Karl Buck (ein erfolgreicher Kaufmann aus Måsöy) betrieb Keila in großem Stil und vermietete Hütten (rorbu) und Boote sowohl an fremde als auch ortsansässige Fischer. 1920/21 beendete Karl Buck jedoch seine Aktivitäten und 1922 mietete Arntsen & Georgsen aus Tromsö, den Betrieb. 1924 mietete Hammer & Lindstad, Oslo, die Fischverarbeitung.. 1925 kauften sie Keila und arbeiteten weiter bis 1926.

 

 

Eine Mondgeschichte

 

10. August 2006   22:18   Mond rollt über Berg

Photo dedicated with great thanks to Anne Grethe and Gerhard.

Dies Foto illustriert eine Geschichte, die mir Gerhard beim Möljaessen erzählte: An manchen Tagen stand der Mond so über dem Bergkamm von Spellet. Als Kinder glaubten sie, ihn dort oben fangen zu können. Sie griffen sich lange Stangen und rannten den Berg hoch. Da war aber kein Mond.

An diese Erzählung musste ich denken, als der Mond viele Tage später in genau dieser Position über den  Bergen bei Alta stand. In dieser Position verharrt er allerdings kaum eine Minute.

 

 

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Zuletzt bearbeitet / korrigiert / erweitert / Verweise (links) getestet am: 1. November 2006