By Holger Melms
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Ohne hier nachzuschlagen ist wie Essen ohne Messer und Gabel (und ohne Löffel)
Nordkapp von Osten gesehen, dahinter Knivskjellodden, der nördlichste Punkt
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Skjervöy - Maursund - Hamnes

 2003

 


wird überarbeitet

 

“In Skjervøy traf ich kurz nach Mitternacht ein, um es bereits zwei Stunden später in Richtung Havnnes zu verlassen.”

 

 

 


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Nach Skjervöy und bald weiter

 

Selbst dieser eigenartig geformte Felsbrocken am Nordufer der unbewohnten Insel Hauköya hat mehr als das Nordkapp zu bieten.

Bis Skjervöy sind es noch knapp 6 Seemeilen.

 

Gegen halb Eins bin ich in Skjervöy, das zu dieser Zeit im Schatten der umgebenden Berge liegt. Es ist Freitag Abend, und irgendwo müsste hier was los sein. Ist auch - aber auf  niedrigem Niveau: in einer Imbiss-ähnlichen Bar sitzen drei angetrunkene Burschen und im Hotell Maritim gesellen sich zu einigen jungen Männern sogar ein paar Mädels.

Mit einem Eis und einer Tasse Kaffee setze ich mich im Maritim in eine Ecke und betrachte das müde Treiben. (Ich habe es mir auf diesem Törn zur Regel gemacht, nicht immer nur an Bord zu sitzen und Restaurant- oder Pub-Besuche dadurch zu verbilligen, dass ich statt des teuren Biers die fast landesübliche Alternative, eine Tasse Kaffee, bestelle.)

Skjervöy ist bei weitem nicht so trist wie Öksfjord (beide Orte werden von der Hurtigrute angelaufen), aber ein Ort zum Bleiben ist es auch nicht, obwohl es einen kleinen und soliden Schwimmsteg für Gastboote besitzt.

Um zwei Uhr (dieses Foto) mache ich mich vom Acker und freue mich über die Sonne, die nun in das Hafental scheint. Meine Hoffnung: vielleicht ist ja am Samstag Abend in dem angepriesenen Havnnes etwas mehr los.

 

Das ist nun mal eine Nachtsonne, die erfreut. (Vielleicht erinnert sich jemand an mein Gejammer über die Mitternachtssonne im Söröysund auf dem Weg nach Hammerfest.)

Es ist kurz nach drei Uhr und vor mir liegt der Maursund.

Auf dem Foto sind zwei meiner drei GPS-Geräte zu erkennen. Der kleine rechte kann mit digitalen Seekarten geladen werden. Leider erwies sich die käufliche Garmin-Karte (Lofoten bis russische Grenze vom März 2003) - entgegen aller Versprechen der Werbung -  nur als nettes Spielzeug, das nicht im Entferntesten die Papierkarten, und seien sie noch so alt, ersetzen kann. Als Ergänzung der Papierkarten ist die laufende Darstellung der Position auf der Seekarte allerdings recht angenehm. Siehe auch ###.

Das Gerät in der Mitte (Garmin GPS 126) fiel regelmäßig aus, wenn ich in die Nähe - unter 200 m - von Frachtern oder von Schiffen der Hurtigrute kam.

 

Der Maursund im Morgendunst.

Über diesen Sund wurde keine Straßenbrücke sondern unter ihm ein Straßentunnel gebaut, um Skjervöy an das Strassennetz anzubinden. Und damit entfällt das Ärgernis, dass eine niedrige Brücke eine wichtige Wasserstraße für Segelboote versperrt, wie die 12-Meter-Brücke, die etwas weiter nördlich gebaut wurde.

Je weiter man sich von der Küste entfernt, umso unangenehmer werden die Strömungen in den Sunden, aber um so lieblicher wird die Landschaft.

 

Der Ort Maursundet am Maursund. Er kommt in allen Fremdenführern vor, da hier ein stilvolles Herrenhaus, das heute Museum ist, von den Deutschen nicht niedergebrannt wurde. Ob Euch das Thema Verbrannte Erde nun zum Halse raushängt oder nicht, den norwegischen Reiseführern tut es das jedenfalls nicht.

Das linke der beiden weißen Häuser ist das gut erhaltene Herrenhaus mit einem kleinen Café, das aber erst mittags öffnet. Das rechte sieht nach einer ehemaligen Fischannahme mit zwei nahezu vollkommen verfallenen Anlegestellen aus, die ein schnelles und einfaches Anlegen zwecks kurzer Besichtigung unmöglich machen. Also weiter.

 

 


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Die zweite Attraktion: Havnnes

 

Havnnes vor der Kulisse der Lyngsalpen. Die Lyngsalpen machen schon was her, besonders wenn sie, wie auf der Nordfahrt vor einem Monat, noch stärker schneebedeckt sind.

Über die bis zu 1833 m hohen Bergspitzen der Lyngsalpen verlief die Frontlinie zur Verteidigung von Tromsö und Narvik (1944/45).

Havnnes war praktisch der letzte Ort im Gebiet der Verbrannten Erde. Man kann sich gut vorstellen, dass dieser Gebirgszug ein idealer Schutzwall gegen Angreifer ist, auch wenn im Dezember 1944 die Russen schon lange die Verfolgung der Deutschen aufgegeben hatten und die Engländer sich lieber mit deutschen Städten „beschäftigten“ als hier an dieser Nebenfront anzugreifen. Diese Konstellation erklärt wohl auch die folgende Begebenheit.

 

Die bildhübsche Wasserfront von Havnnes. Zu diesem Gehöft gibt es eine Geschichte:

Der Besitzer wurde wie alle anderen Betroffenen zwangs-evakuiert. Als er im Mai 1945 zurückkehrte, war sein Gehöft nicht niedergebrannt wie alle anderen. Statt dessen fand er zwei große Zettel, auf denen auf Deutsch stand: "Keins der weißen Häuser niederbrennen".

Als ich Einar (den Sohn des damaligen Besitzers) fragte, wer diesen Zettel unterschrieben hatte, sagte er, der Zettel wäre ohne Unterschrift gewesen.

Er mag es nicht besser wissen, aber das glaube ich einfach nicht. Eine Anweisung ohne Autorität ist für einen (deutschen) Soldaten keine Anweisung. Diese Zettel trugen meiner Meinung nach die Unterschrift eines höheren deutschen Offiziers, der - sicher zusammen mit anderen - im fortgeschrittenen Winter 1944/45 die Sinnlosigkeit der Aktion „Nordlicht“ erkannt hatte und ohne sich in größere Gefahr zu bringen diese Anweisung erteilen konnte.

 

Nachgetragen: So kann man sich irren bzw. in die Irre führen lassen. Als ich ein Jahr später einem norwegischen Bekannten in Bergsfjord meine Version von Hamnes erzählte, fragte er mich erstaunt, ob es es nicht besser wüsste. Natürlich nicht.

Die Erklärung sei doch ganz einfach. Die Familie hatte beschlossen, dass der eine Sohn ein gutes Verhältnis ..., während der andere Sohn ... Den Rest müsst ihr Euch denken. So ließe sich jedenfalls das untypisch deutsche Vorgehen erklären.
 

 

Die Wohnhäuser von Havnnes. Top gepflegt und wahrscheinlich schöner als alles, was man auf den Lofoten finden kann.

Das Gebäude rechts ist das älteste und soll schon 1795 hier gestanden zu haben.

Wer auf dem rechten mittleren Gebäude einen kleinen Turm erkennt, könnte es für eine Kapelle halten. In dem Turm hing tatsächlich eine Glocke, sie hatte aber die Aufgabe, die Knechte und Mägde zur Arbeit und zum Essen zu rufen. (Gibt es auch woanders.)

 

Schreckliche Farben. Aber um die Schönheit geht es bei diesem Foto nicht. Es zeigt vielmehr die Kehrseite des viel gepriesenen Ortes Havnnes.

Die blauen Striche weisen auf die in großem Abstand angeordneten Reifen hin, die ein Anlegen für kleinere Boote für mehr als eine knappe Stunde unmöglich machen. Spätestens dann ist das Fenderbrett (bei steigendem oder fallendem Wasser) zwischen den Reifen eingeklemmt.

Und einen Schwimmsteg gibt es nicht.

Was nicht sichtbar ist: Das Haudegen-artige Auftreten des „Nessekongs“ Einar Giävär *). Er hat sein Reich Top in Schuss, aber dem Ort fehlt jedes Flair, z.B. in Form einer netten Gastwirtschaft wie in Bergsfjord. (Es gibt einen kleinen Landhandel mit Imbiss-Charakter.) Und es riecht nach Fisch, denn in den Hallen lagern tonnenweise getrocknete bzw. noch trocknende Fische. Also auch kein Ort zum Bleiben.

*) Ein „Nessekong“ (wörtlich „König der Landzunge“ - „nese“ ist die Nase, „nes“ die Landspitze, d.h. der meist kleine Bereich zwischen Meer und steilen Gebirgshängen, der überhaupt bewohnbar ist.) war der „Großgrundbesitzer“ des jeweiligen Ortes. Siehe dazu die Geschichte der Familie Buck unter Bergsfjord.

 

 

Von Havnnes sind es noch rund 50 Seemeilen bis Tromsö. Ich könnte also kurz vor Mitternacht dort sein. Das ist nicht zu spät, denn das Nachtleben in Norwegen beginnt praktisch nie vor 23 Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt findet das sog. “Vorspiel” statt. Siehe ###Land und Leute###.

 

 

 

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30.10.2008

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